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Predigt

03.10.21 – Armin Kistenbrügge – Erntedank

Armin Kistenbrügge

Predigt: „Geld und Gott gehört zusammen!“ (2. Kor 9, 6-15)

An Erntedank, 3.10.2020 im Gottesdienst in der Reithalle vom Birkenhof

Die Kollekte heute ist bestimmt für die Aktion „Du für den Nächsten“ der Diakonie. Da werden wegweisende diakonische Projekte der Kirchengemeinden gefördert. Beispiel: Die Unterstützung von Sozialberatungsstellen als niederschwellige Anlaufstelle für Hilfesuchende. Dort erhalten Menschen, die gerade nicht ein noch aus wissen und in ihren Problemen ersaufen, eine Erstberatung, konkrete Einzelfallhilfen oder seelsorgliche Betreuung.

Wir wollen die Kollekte heute teilen und für die Flutopfer an der Ahr und der Erft nochmal sammeln. Gemeinden, denen buchstäblich die Kirche oder das Gemeindehaus davongeschwommen sind. Die statt Gesangbüchern jetzt so graue Papp-Blöcke haben, die aufgeweicht und dann wieder getrocknet sind und jetzt aussehen wie Ziegelsteine. Der Fußboden im Eimer. Bestuhlung, Archiv, Kindergarten, alles abgesoffen.

Liebe Edinger und Greifensteiner Geschwister!Wundert euch nicht: Ihr habt nicht aus Versehen die Predigt verschlafen und seid pünktlich zur Kollektenabkündigung wieder aufgewacht. Der Predigttext vom Paulus, Tine und Johanna haben ihn gerade vorgelesen, ist doch selber eine Kollektenansage! (Konfis: Eine Kollekte ist die Sammlung für einen guten Zweck im Godi)Eine Werbung für einen Kollektenzweck. Da dachte ich, man könnte unsere Kollektenabkündigung doch mal nach vorne rücken. Die werden oft ziemlich stiefmütterlich behandelt, die Infos über die Kollekte. Irgendwie an den Schluss des Gottesdienstes gepackt, als wäre das schon der Abspann beim Film, oder das Impressum in der Zeitung, das keiner liest und wo keiner mehr zuhört. Und dann auch noch lustlos oder verschämt runtergelesen. Schade. Heute dachte ich, nehme ich das Aschenputtel des Sonntagsgottesdienstes und stelle es ins Rampenlicht des Predigteinstiegs.

Der Pfarrer Hans Hermann Pompe aus Wuppertal hat vor ein paar Jahren ein ganzes Buch über die sorgfältige und humorvolle Gestaltung der Kollekten geschrieben und dafür jede Menge lockere Sprüche gesammelt, die das peinliche Thema Geld im Gottesdienst ein bisschen auflockern. Wollt ihr mal einen hören? „Wer von euch nicht ohne Sünde ist, der werfe den ersten Schein!“ Soll Jesus gesagt haben. So ungefähr. Der hat sowieso viel übers Geld geredet. Ehrlich gesagt: Über kein Thema hat er mehr gesagt. Hättet ihr das gedacht? Das ist manchem vielleicht ein bisschen peinlich. Über Geld redet man ja nicht. Geld hat man. Sagen zumindest die, die auch deshalb nicht gerne darüber reden, damit die anderen nicht merken, dass sie drin schwimmen.

Vielleicht hat Jesus ja deshalb so viel darüber geredet. Weil er keins hatte. Wahrscheinlich aber eher, weil der Umgang mit Geld zeigt, woran das Herz wirklich hängt. „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ (Mt 6,21), sagt Jesus in der Bergpredigt. Wie du mit Geld umgehst, ist ein echter Glaubensprüfstein!

Obwohl viele denken, zwischen Geld und Gott könnte es keinen größeren Gegensatz geben. Zwischen dem Materiellen und dem Ideellen. Angeblich hört ja beim Geld die Freundschaft auf. Wenn ja: Gilt das eigentlich auch für die Freundschaft mit Gott? Manche trauen Gott ja zu, dass er ihre Seele rettet, aber nicht, dass er im alltäglichen Leben eine gute Idee hat.Wenn man den anderen nicht auf die Nase bindet, wieviel man wirklich hat, dann soll vielleicht auch Gott nicht so genau darüber Bescheid wissen. Funktioniert natürlich nicht. Denn die Freundschaft mit Gott bewährt sich an genau der Stelle! Da zeigt sich, was das Gottvertrauen wirklich wert ist. Ob du zum Teilen bereit bist. Mit Gott.

Und spätestens hier wird klar, was das alles eigentlich mit Erntedank zu tun hat. Ist eigentlich klar: Zu merken, wie reich einen Gott beschenkt, das macht dankbar, und Dankbarkeit macht großzügig.

Apropos teilen mit Gott: Dabei ist ja noch die Frage, wer hier mit wem teilt: Im Grunde gehört Gott ja alles. „Eigentlich ist Gott unendlich reich. Aber sein ganzes Kleingeld steckt in den Taschen seiner Kinder“ (habe ich mal auf einem Spendenflyer der Berliner Stadtmission gelesen). Der beschenkt dich doch die ganze Zeit! „Was hast du, dass du nicht empfangen hättest?“ (1. Kor 4,7), fragt Paulus die Leute in der reichen Gemeinde in Korinth. Das gilt nicht nur für die Begabungen, die Gott dir geschenkt hat, sondern auch für deinen Wohlstand. Ist nicht alles irgendwie ein Geschenk? Okay, mancher hat sich vielleicht mächtig angestrengt, um sich alles zu erarbeiten. Aber hast du mal drüber nachgedacht, was gewesen wäre, wenn du statt in Bad Homburg in Uganda geboren wärst?

Also: Wieviel von dem, was Gott dir gegeben hat, kannst du dann guten Gewissens für dich behalten? Die Frage ist fies, ich weiß, weil man die sich nicht selber beantworten kann, wann du genug abgegeben hast. Aber die Bibel gibt dir darauf eine gute Antwort. Sie sagt: Gott ist nicht knauserig und gönnt dir nur das Nötigste zum Leben. Gott ist freigebig und gönnt dir auch den Genuss. Aber gib Gott doch ein Zeichen, dass du ihm auch in Geldsachen vertraust. Gib ihm ein Zehntel zurück (z.B. Maleachi 3,8-10). Und guck, ob du immer noch genug hast und klarkommst.

Ich verspreche euch: Wer das wirklich mal ausprobiert, meinetwegen nach Abzug der Steuern und der Fixkosten den „Zehnten“ zurückzulegen und dieses Geld sozusagen Gott zur Verfügung zu stellen, der erlebt wirklich Gott bei der Arbeit! Wie Gott mit dem Geld „arbeitet“. Das du ihm in die Hand gedrückt hast.„Geld muss arbeiten“, heißt es immer im Börsenbericht, aber fragt sich nur, für wen.

Auf der Freigebigkeit, die der Paulus den wohlhabenden Korinthern schmackhaft macht, liegt Segen, sagt er: Denn „Gott liebt einen fröhlichen Geber!“ (2.Kor 9,7), behauptet Paulus. Er liebt nicht nur die Armen, die Bedürftigen. Auch die anderen, die Habenden, die Bedürfnisse stillen können. (Ich weiß, jetzt klinge ich schon fast wie so ein amerikanischer Fernseh-Evangelist.)

Aber wie geht das? Fröhlich zu spenden und nicht mit schlechtem Gewissen, oder um sich irgendwie freizukaufen oder mit saurer Miene was abzudrücken, weil man das miese Image fürchtet:

Das ist kein Naturtalent, das man hat oder nicht. Wie die Schotten. Bei denen drückt sich Großzügigkeit so aus: „Der schottische Trainer der Nationalmannschaft lobt seine Jungs nach dem Spiel in der Kabine: „Männer, ihr habt super gespielt. Ihr habt euch eine Belohnung verdient. Und ich lass mich nicht lumpen. Heute hab ich die Spendierhosen an: Also, Johnny: Mach das Fenster auf!“

Großzügigkeit ist nicht einfach eine Charaktereigenschaft, sondern ein Geschenk des Heiligen Geistes. Die entsteht aus der Dankbarkeit. Wenn du dich wirklich von Gott lieben lassen kannst. Und wenn du seine Liebe weitergeben lernst. Fröhlich zu geben bedeutet, nicht aufzurechnen, wie viel du investierst und wieviel du zurück erwarten darfst: „Wenn ich spende, will ich mich wenigstens ein bisschen besser fühlen, ich will wenigstens sehen können, was mit meinem Geld gemacht wird, die Empfänger sollen mich dafür ewig lieben und ich will dafür einen Orden oder wenigstens auf einer Spendenplakette irgendwo erwähnt werden. So zu rechnen macht einen aber nicht glücklich. Und froh auch nicht. Dann hast du deinen Lohn dafür schon gekriegt (Mt 6,2). Dann hast du’s genau dafür getan. Einer, der fröhlich gibt, will das gerade nicht wissen: „Wenn du Almosen gibst, soll deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut“ (Mt 6,3), sagt Jesus mal.

Dazu muss man als erstes loslassen lernen. Das ist keine leichte Übung, wo das Lieblingshobby des deutschen Durchschnittsbürgers die Schnäppchenjagd ist: Mitnehmen, was geht. Um bloß nichts zu verpassen. Rauspressen, was möglich ist. Steuern nur zahlen, wenn einem nichts anderes übrig bleibt. Und kein Sonderangebot liegen lassen. Es gibt Menschen, die können ums Verrecken nicht loslassen. Ihren Besitz. Bei denen hört die Freundschaft wirklich beim Geld auf.

Weißt du übrigens, wie man in Afrika Äffchen fängt? Nimm eine Banane und steck sie in einen Krug, wo so gerade die Hand vom Affen durchpasst. Der Affe sieht das, kommt und greift sich die Banane. Aber so kriegt er seine Hand nicht mehr aus dem Krug raus. Aber er lässt seine heißgeliebte Banane nicht los, kann nicht wegrennen, und du kannst ihn mit seiner Banane in Ruhe wegtragen. Wir sind kaum klüger. Es gibt Menschen, die können nicht loslassen und verhalten sich fast genauso. Bei denen löst Großzügigkeit Schweißausbrüche aus. Die werden richtig kreativ bei den Argumenten dagegen. Aber Gott möchte, dass du mit dem Loslassen ein Stück Freiheit lernst. Das ist eine Glaubensübung. Wenn du deiner Sorge und deiner Angst einen kleinen Tritt geben kannst. Fröhliches Loslassen hat was mit Hingabe zu tun.Die Triebkraft dieser Großzügigkeit ist die Dankbarkeit.

Gebrauche also das Geld, als ob es nicht deins wäre, sondern nur durch deine Hände geht. So wie das in dem Lied von Matthias Claudius heißt: (singen) „Es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott“.Ohne dass du dich dran festhalten musst. Dann kann man es auch mal loslassen. Der Apostel Paulus hat dafür eine Regel, die eigentlich für alles gilt, was man „gut gebrauchen“ kann, aber ohne sich dran zu hängen: „Tu so, als ob es gar nicht deins wäre“. (1. Kor 7,30)

Wenn dir das gelingt, dann wird aus deinem Geld eine Saat, sagt Paulus. Finanztechnisch gesprochen also eine Investition. Ins Reich Gottes. An der Stelle kannst du großzügig sein, daraus kann Gott Segen wachsen lassen! Ihr kennt doch das Gleichnis vom Sämann: Der knausert auch nicht rum, sondern schmeißt mit Samen geradezu um sich! Und drückt jedes einzelne Samenkorn einzeln in den Boden. Als ob du über jeden Cent, den du spendest, genauestens Buch führen wolltest. Paulus sagt: Wer kärglich sät, der erntet auch nur mickrig.

Der russische Schriftsteller Leo Tolstoi erzählte mal von seinem Traum: Er war als Bettler unterwegs, als Gott ihm wie ein König begegnete. Doch statt ihn zu beschenken wurde er gefragt: „Was kannst du mir geben?“ Enttäuscht von Gott, der selber bettelt, nahm er ein Reiskorn aus dem Beutel. Mehr hatte er für Gott nicht übrig: Ein Gott, der nimmt, statt zu geben. Doch am Abend dann die Überraschung: Er fand das kleine Reiskorn in seiner Tasche wieder. Verwandelt zu Gold. Wie bitter. Hätte er doch mehr Mut zum Loslassen gehabt!

Gott kann aus eurer Hingabe Großes wachsen lassen! Er liebt die Kombination aus Großzügigkeit und Fröhlichkeit! Denn nur wer loslassen kann, hat dann die Hände auch frei zum Empfangen.

Amen.