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Predigt

27.11.22 – Armin Kistenbrügge – 1. Advent

Hier unsere Gottesdienst-Aufnahme vom 1. Advent, die Predigt über Jesaja 11, 1-10 mitten in der Fußballweltmeisterschaft!

Eingangsliturgie
Predigt
Schlussliturgie

Liebe Edinger (Greifensteiner) Geschwister!

Macht hoch die Tür, die Tor … Tooooor! Götze macht ihn! Er macht das entscheidende Tor. Wir sind eine Runde weiter, der 2. und der 3. Advent sind gerettet! Deutschland ist doch noch nicht ausgeschieden! Leute, ihr merkts selber: Weihnachten steht vor der Tür, siehe dein König kommt zu dir, und König Fußball drängt sich dazwischen und setzt sich im Wohnzimmer auf die Couch und macht den Fernseher an.

Für euch passt das vielleicht auch nicht so richtig. Aber wie der Kommerz an Weihnachten mit dem großen Fußballgeschäft doch noch zusammenpassen könnte, das dürfte eigentlich gar kein allzu großes Problem sein: Dann tragen die Weihnachtsmänner im Wetzlarer Forum eben kurze Fußballhosen und Kniestrümpfe, und Fußbälle sehen aus wie Christbaumkugeln, im Stadion wird statt „Doischlaaand, Doischlaaand“ bei jedem Angriff des deutschen Sturms „Macht hoch die Tür, die Tohooor macht weit“ gegröhlt, Coca Cola sponsert ja sowieso nicht nur den Weihnachtsmann-Truck, sondern auch die WM, und so ein Katari geht zur Not auch noch als einer von den drei scheinheiligen Königen durch, ich will gar nicht davon reden, dass man ja bis zum Finale am vierten Advent auch mal einen Fußball in die Krippe legen könnte.

Irgendwie ist eine Fußball-WM ja auch ein religiöses Fest auf dem heiligen Rasen. Wenn ein Fußballtrainer im Kommentar nach dem Spiel den Satz absondert: „So ist halt Fußball“, wenn man unglücklich oder verdient oder aus welchem Grund auch immer verloren hat, dann klingt das doch, als würde er sich einem launischen Schicksalsgott fügen, der dem einen den Sieg schenkt und den anderen verlieren lässt. Eben ganz so, wie das ganze Leben ist: Die einen gewinnen, die anderen sind die ewigen Verlierer. Die die Stadien bauen für einen Hungerlohn im achtreichsten Land der Erde.

Dann gibt’s diesmal also Berliner Brot und Spiele mitten in dunkler Zeit, Aber was wir im Moment noch dringender brauchen als stromsparende Lichterketten, das ist nicht Fußball, sondern Frieden. Und echte Hoffnung. Nicht auf den 5. Stern auf dem WM-Trikot von „la Mannschaft“, sondern den Stern von Bethlehem.

Kommt, wir lassen den Zirkus beiseite und halten Ausschau nach echter Hoffnung. Nach dem, was uns wirklich versprochen ist. Von Gott. Ich lese euch den Predigttext für heute vor: Aus dem Propheten Jesaja, Kapitel 11, die Verse 1-9. Vorhang auf, die Tor macht weit:

„Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Spross hervor. Ein Trieb aus seiner Wurzel bringt neue Frucht. Auf ihm ruht der Geist des Herrn. Der schenkt ihm Weisheit und Einsicht. Rat und Stärke. Erkenntnis und Ehrfurcht vor dem Herrn. Ja, er hat Freude daran, den Herrn zu fürchten. Er urteilt nicht nach dem Augenschein und entscheidet nicht nach dem Hörensagen. Er ist gerecht und sorgt dafür, dass die Schwachen zu ihrem Recht kommen. Er ist aufrichtig und trifft Entscheidungen zugunsten der Armen im Land. Sein Wort trifft den Gewalttäter wie ein Stock. Er tötet den Frevler mit einem Hauch, der über seine Lippen kommt. Gerechtigkeit begleitet ihn wie der Gürtel um seine Hüften, Treue wie ein Band um seinen Leib.

Dann ist der Wolf beim Lamm zu Gast, und der Leopard liegt neben dem Böckchen. Ein Kalb und ein junger Löwe grasen miteinander, ein kleiner Junge hütet sie. Kuh und Bär weiden zusammen, ihre Jungen liegen nebeneinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Ein Säugling spielt am Loch der Natter. Ein kleines Kind streckt seine Hand aus über der Höhle der Giftschlange. Man tut nichts Böses und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg. Dann das Land ist erfüllt von Erkenntnis des Herrn, so wie das Meer voll Wasser ist.“

Was für eine Hoffnung. Ich übersetze mal kurz: Der Prophet Jesaja hatte den Leuten einen geistlichen Ohrwurm in den Kopf gesetzt. Einen Gedanken, der einen nicht mehr loslässt: „Eines Tages“, so verspricht er, “bricht der erste Weltfrieden aus. Und das nicht, weil wir so brav waren und uns so angestrengt haben, uns mal nicht gegenseitig übers Ohr zu hauen und aufzufressen, sondern weil Gott uns einen Retter schickt. Eines Tages wird einer aus eurer Familie, die bis zu Isai, dem Vater von König David zurückgeht, kommen. Und mit ihm wird was völlig Neues anfangen“, beginnt die große Friedens-Vision des Propheten Jesaja. Mitten im syrisch-ephraimitischen Krieg, der damals tobte und die Stadt Jerusalem bedrohte. Wo alle auf den Retter in der Not hofften, der vielleicht bessere Waffen hat und den Krieg beendet. Aber Jesaja malt den Leuten ein anderes Bild aus: „Der kommt nicht mit schlauen Lösungen und genug Geld oder genug Macht, sondern mit dem Geist Gottes. Was die Welt braucht, ist was ganz anderes. Wenn Gott den Frieden bringt, dann ist nicht plötzlich heile Welt, Friede Freude, Festtagsplätzchen. Was ich meine, ist, dass sich dann von innen heraus was ändert. Von außen änderst du gar nichts. Aber es ändert sich alles, wenn sich das Wesen innen ändert. Dann wird heil, was so kaputt ist, dass keiner das noch reparieren kann.

Diese Heilung bringt der versprochene Retter. Nicht, weil er klüger ist als andere. Dessen Einsicht erwächst aus der Gotteserkenntnis. Aus der Wahrheit selber. Wenn der die Wahrheit sagt, dann entlarvt das alle Lügen dieser Welt als das, was sie sind: Nicht alternative Fakten oder die harte Wirklichkeit, wie die Welt nun mal ist und schon immer war und was sich auch nie ändern wird, sondern Lügen, die Gott nicht wahrhaben wollen. Die stattdessen wollen, dass sich nie was ändert, dass die einen oben und die anderen für immer unten sind. Aber der Retter macht mit der Wahrheit diese ganzen Lügen mundtot. Erst wenn wir Gott wirklich erkennen, wenn wir in seinen Einflussbereich, in seine Nähe kommen, dann ist es so weit. Dann entsteht Gerechtigkeit für alle. Nicht nur für die, die es sich leisten können.

Das ist dann wie eine neue Schöpfung. Eine neue Welt. Dann sitzt der Wolf beim Lamm auf dem Schoß. Oder sie spielen Karten. Und die Fleisch- und Menschenfresser werden Vegetarier.“

Ihr schüttelt innerlich vielleicht mit dem Kopf: „Was für ein Wolkenkuckucksheim. Wer‘s glaubt, wird selig: Und dann geht der Putin zu Fuß nach Kiew und bittet um Entschuldigung. Und bei uns zahlt das reichste eine Prozent der Bevölkerung 75 Prozent Steuern. Freiwillig. Und der Krieg gegen die Natur wird mit einem fossilen Waffenstillstand beendet.“

Ich gebe euch Recht: Ein echter Frieden auf der ganzen Erde würde die Welt auf den Kopf stellen. Aber vielleicht wäre sie erst dann so, wie Gott sie gemeint hat.

Ihr könnt jetzt abwinken. Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Wem gefällt denn das eherne Grundgesetz des Daseins vom Recht des Stärkeren, vom Kampf jeder gegen jeden, dieses Fressen und Gefressen werden? Klar, so ist es immer gewesen: Das kann man sogar schon beim Propheten Jesaja nachlesen, ein paar Kapitel früher: Schon damals gab‘s anscheinend Immobilienspekulanten, und die Reichen wurden immer reicher und die Armen immer ärmer. Jesaja schimpft: „Wehe denen, die ein Haus neben das andere stellen und ein Feld nach dem anderen aufkaufen! Am Ende gibt es keinen freien Platz mehr. Sie haben das ganze Land an sich gerissen.“ (Jes 5,8)

Manche sagen: „Da kannst du nichts dran ändern. So funktioniert unsere Wirtschaft nun mal, wo Geld zu haben mehr Ertrag abwirft als Handarbeit. Das wird immer so bleiben. Aber dieses Gesetz hat jedenfalls nicht Gott gemacht!

Was Gott in die Welt gesetzt hat, ist diese Hoffnung, dass es einmal so viel Liebe, Freude und Friede gibt, dass es für alle reicht. Dass keine leer ausgeht. Weil so viel davon da ist wie Wasser im Mittelmeer. Merkt ihr, wie groß und schön und himmlisch diese Hoffnung ist? Lasst euch die nicht nehmen! Diese Hoffnung ist kein Wunschkonzert, sondern das, was Gott im Blick hat. Seit Ewigkeiten. Das kann man nicht schaffen, wenn man sich nur mal ordentlich anstrengt und sich zusammenreißt. Die Hoffnung, dass sich jemals was ändert, die hängt in der Tat an Gott und seiner Gerechtigkeit, die nicht von dieser Welt ist. Aber Gott hat dieser Hoffnung ein Gesicht gegeben. Das von Jesus.

Und es hat sich gezeigt, wie diese große Hoffnung auf den ersten Weltfrieden Wirklichkeit wird. Was es kostet. Frieden gibt es nämlich nicht umsonst. Denn damit mal die Wölfe dieser Welt, ob sie nun Putin oder sonst wie heißen, nicht ein Lamm oder Land nach dem anderen verspeisen, sondern ihr Wesen ändern, musste zuerst das Lamm Gottes unter die Wölfe. Und bei ihnen wohnen. Amen.