Hier die Aufnahme aus der Kirche in Edingen. Zu Gast war Pfr. Marcus Brenzinger aus Werdorf im Rahmen der Predigtreihe über die 10 Gebote.
Heute ging es um das 9. Gebot: „Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen!“
Hier die Aufnahme aus der Kirche in Edingen. Zu Gast war Pfr. Marcus Brenzinger aus Werdorf im Rahmen der Predigtreihe über die 10 Gebote.
Heute ging es um das 9. Gebot: „Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen!“
Hier die Aufnahme aus der Kirche in Edingen vom Sonntag. Birgit Meier über die Macht des Todes, den Jesus überwunden hat.
Predigttext: Lukas 7, 11-16
Hier die Aufnahme aus der Kirche in Edingen. Pfr. Dr. Armin Kistenbrügge an Erntedank über Jesaja 58,7-12
Die Predigt vom Abendgottesdienst in Edingen gibt es dieses Mal in Textform:
Armin Kistenbrügge
Liebe Edinger und Greifensteiner Geschwister!
Bielefeld gibt es gar nicht!
Was dachtet ihr denn die ganze Zeit?
Und ob die Mondlandung und der Anschlag aufs World Trade Center wirklich so stattgefunden hat – wer weiß … Bildern traue ich schon lange nicht mehr.
Und Nachrichten schon mal gar nicht.
Alles ist unsicher. Die Zukunft. Die Rente.
Die Demokratie. Die Grundwährung einer funktionierenden Demokratie ist Vertrauen.
Ist bei uns leider alle. Was und wer genießt in unserem Land denn noch uneingeschränktes Vertrauen?
Das Parlament? Die Kirche?!
Dreimal kurz und dreckig gelacht.
Nicht mal die Polizei, die jahrelang einsam auf Platz 1 der Glaubwürdigkeits-Skala stand.
Keinem wird noch geglaubt.
Weil jeder dich angeblich manipulieren will.
Und wenn das Vertrauen verspielt ist,
kommt die Wahrheit gleich mit unter die Räder.
Ihr Kurs ist in der letzten Zeit stark gefallen.
Fast ins Bodenlose. Das Misstrauen gegenüber allem, was mit einem Wahrheitsanspruch daherkommt, ist systematisch geschürt worden.
„Vor 100 Jahren konnte man als aufgeklärter Mensch noch behaupten, mehr Information bedeutet mehr Aufklärung bzw. mehr Demokratie. Mehr Transparenz. Das Gegenteil ist heute der Fall.
Wir werden so geflutet mit Informationen,
mit künstlich generiertem Inhalt, die den Blick dafür trüben, was noch echt ist.
Das zerstört eine zivilisierte Gesellschaft von innen, weil sie angewiesen ist auf eine klare und gute Kommunikation. Wenn dieser Kanal versiegt,
ist das so, als würde das Nervensystem einer Gesellschaft vergiftet.“ Hat der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar mal in einer Diskussionsrunde gesagt. So gesehen leben wir im Grunde wieder in einem neuen Mittelalter – mit unendlich viel Information, die nichts mehr wert ist.
Und noch mehr Geschwurbel, was genauso funktioniert wie Aberglaube.
Das hat sogar Methode: Das Vertrauen als Basis eines funktionierenden Gemeinwesens langsam zu zersetzen. Das ist die Strategie. Steve Bannon, der Vordenker der amerikanischen Alt-Right-Bewegung in den USA, er hat einen einflussreichen Blog in Amerika, nennt genau das als Ziel:
„Flood the world with shit“, nennt der das:
Alle Kommunikationskanäle mit Bullshit zu fluten, mit Ressentiment, mit Hass, mit Hass, mit Halb- und Viertelwahrheiten, mit angedeutetem Verschwörungs-Raunen, dass man mit dem Faktencheck überhaupt nicht mehr nachkommt. Bis die Wahrheit in diesem Meer an Gülle entweder abgesoffen ist oder nur noch ein Körnchen im Ozean ist.
Ähnlichkeiten in der Kommunikationsstrategie mit hiesigen Alternativparteien sind nicht beabsichtigt, sondern unvermeidlich. Der Teufel als Vater der Lüge hätte sich den Plan nicht besser ausdenken können.
Wahrheit wird in diesem Milieu nicht bloß relativ. Dass also vom Betrachtungsstandort und vom Zusammenhang abhängt, ob und wie sie gesehen werden kann. Das ist so.
Nein, sie wird beliebig. Und sie wird zur Ware. In der Aufmerksamkeits-Ökonomie. Und derjenige, der am besten manipulieren kann, nimmt sie in Geiselhaft.
Das war schon immer so.
Heute ist das ganze vielleicht noch perfektioniert.
Es gibt einen Dialog von Platon, Gorgias,
in dem diskutiert Sokrates mit Kallikles, einem Sophisten. Heute würde man den „Influencer“ nennen, Lobbyist oder Kommunikations-Strategen, PR-Fachmann, Strippenzieher in einem Thinktank oder sonst wie. Kallikles behauptet:
„Ich kann den Leuten alles erzählen. Sie werden es glauben, wenn ich meine Sache gut genug mache. Und ich verstehe mein Handwerk. Wenn ich will, dann glauben die Leute in Athen:
Im Himmel ist Jahrmarkt. Komm, Sokrates,
du alter Boomer, gesteh‘s dir ein:
Wahrheit ist Verhandlungssache.
Und was die meisten Leute glauben,
das nennt man dann eben „die Wahrheit“.
„Fresst Mist, Millionen Fliegen können sich nicht irren.“
Dagegen musste der alte Sokrates anargumentieren. Dieser philosophische Schaukampf ist so aktuell wie eh und je. (Der britische Philosoph Alfred North Whitehead hat übrigens mal behauptet, in der abendländischen Philosophie wäre alles Gedachte sowieso nur eine Anzahl Fußnoten zu Gedanken von Platon.)
Wie kommst du gegen diese zynische Kaltschnäuzigkeit an, die auch heute fröhliche Urständ feiert? Einfach nur lauter zu behaupten,
wir hätten die Wahrheit aber gepachtet,
läuft dieser Strategie nur auf den Leim.
Dann hat man am Ende nicht Erkenntnis,
sondern nur noch Überzeugung.
Und nicht Glauben und Vertrauen, sondern Ideologie. In ihrem religiösen Kostüm ist Ideologie bekanntlich besonders gefährlich. Dann wird der Glaube rechthaberisch und irgendwann fängt man an, Lobpreislieder zu singen auf die Melodie:
„Ja, die Partei, die Partei, die hat immer Recht ….“
Am Ende nutzt man auch schlagende Argumente. Aber was die Wahrheit ist, das ist unterdessen zu einer Machtfrage verkommen.
Dann sind alle im Endeffekt eigentlich nur mehr oder weniger manipuliert. Aber im Grunde ja: verblendet.
Dann ist Wahrheit eigentlich nur eine weitere Form von alternativen Fakten. Da klingt der schulterzukkende Ausspruch von Pilatus „Ach je, was ist schon Wahrheit …“, reichlich postmodern. Alles ist beliebig. Such dir aus, von welcher Wahrheit du dich hinters Licht führen lassen willst. „Mundus vult decipi“,
heißt das lateinische Sprichwort:
Die Welt bettelt geradezu danach, beschissen zu werden.
Wahrheit aber beginnt dort, wo man aufhört, sie nur zu behaupten.
Wie kommt es aber zur echten, zur wahren Erkenntnis, wenn es nicht bloß die unendliche Anhäufung von Information ist, die dich irgendwann in die Wahrheit führt? Platon hat deshalb sein Höhlengleichnis geschrieben. Habe ich euch eben kurz erzählt.
Da sitzen wir vorm Bildschirm und verwechseln
den Widerschein mit dem Licht der Erkenntnis.
Aus dieser Verblendung oder aus diesem Wahn kannst du nur von außen befreit werden.
Und der Prozess der Umkehr, im Gleichnis wirklich buchstäblich: Du musst dich umdrehen und sehen, dass dir die ganze Zeit was vorgespielt worden ist, dich aus deiner Höhle oder deiner Blase ins Freie aufmachen und bist dann vom ewigen Sonnenlicht erstmal wirklich geblendet und musst dich daran erst langsam gewöhnen. So geht Erkenntnis des Ewigen,
der sogenannten „Ideen“, also des unvergänglichen Wesens der Dinge, die jenseits aller Erscheinungen und Bilder liegt, meint Platon.
Wie gesagt: Der Paulus war ja gebildet,
der kannte das Gleichnis. Mit Sicherheit.
Dass wir mit unserer begrenzten Erkenntnis
wie in einen Spiegel sehen, also nicht die Wirklichkeit selber,
sondern ihren Reflex, das ähnelt dem Gleichnis schon frappierend, finde ich.
Aber dann passiert im Hohenlied der Liebe 1.Kor.13 was entscheidend anderes. Paulus schreibt:
„Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt worden bin.“
Da ist Erkenntnis nicht mehr ein aktives Aneignen:
Ich erkenne etwas und mache es mir damit zum Objekt und zum geistigen Besitz – sondern Erkenntnis wird zu etwas passivem:
Es geschieht was mit mir: Ich werde erkannt, wenn ich der Wahrheit begegne.
Da ist die Erkenntnis der Wahrheit keine Feststellung, hat der berühmte Theologe Eberhard Jüngel mal formuliert, und hinterher muss man sich nicht mehr innerlich bewegen, sondern sie gerät in Bewegung.
Wer der Wahrheit begegnet, wird von ihr erkannt,
sagt Paulus. Der tritt in sie ein.
Statt sie sich einzuverleiben. Das ist ein bisschen so wie bei Nathanael im 1. Kapitel Johannesevangelium. Kennt ihr die Szene?
Als Philippus seinem Freund Nathanael von Jesus erzählt, bleibt der skeptisch. „Was kann aus Nazareth schon Gutes kommen?“ Nazareth war das Bielefeld Israels. Warum soll ausgerechnet der jetzt die Wahrheit gepachtet haben? Überhaupt:
Kann es eigentlich überhaupt die eine Antwort
auf die Frage danach geben, woher ich komme,
wohin gehe und was ich hier in der Zwischenzeit eigentlich soll? Da können die noch so inbrünstig „Jesus is the answer“ singen, ich bleib da vorsichtig. Jede Antwort trägt doch neue Fragen in sich.
Aber Philippus nimmt ihn einfach mit:
„Komm und sieh!“ Da merkt Nathanael, dass nicht er es ist, der Jesus erkennt und beurteilt, sondern er wird erkannt: von Jesus,
der in ihm entdeckt, was er bei sich nie hätte sehen können. – Die Begegnung ändert was. Bei ihm.
Und Nathanel begreift nicht etwas, sondern tritt in eine neue Beziehung ein. Die seine bisherige Sicht wird komplett verändert.
Die Welt ist eine andere geworden.
Die Wahrheit begreift, wer von ihr ergriffen wird.
Weil sie nicht etwas, sondern jemand ist. Jesus.
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Johannes 14,6), als ihn die Jünger fragen, namentlich der Thomas, der nach dem Weg sucht. Das ist jetzt keine Behauptung, die du unabhängig überprüfen kannst. Oder die du solange auf allen Kanälen und podcasts und insta-posts hörst, bis deine Birne so weich ist, dass du das halt glaubst. Sondern einer, dem du folgen kannst.
Denn Erkenntnis ist in der Bibel etwas, das mit dir geschieht. Nichts, was dir Macht verleiht.
Bei uns ist Wissen Macht. In der Bibel stellt sich Erkenntnis dort ein, wo du dir etwas vertraut gemacht hast. Die tiefste Erkenntnis hast du nicht, wenn du die Menschen ergründen willst oder die Welt verstehen, um Macht über sie zu erlangen.
In der Bibel kann man Menschen nur verstehen, wenn man mit ihnen verbunden ist.
Nicht, wenn man objektiv daneben steht und Beobachter bleibt. Objektivität lässt keine wahre Erkenntnis zu. Du hast vielleicht alle Informationen, aber du begreifst nie das Wesen. Einen Menschen verstehst du nicht, wenn du alles über ihn weißt.
Die Welt verstehst du nicht, wenn du die vereinheitlichte Feldtheorie endlich gefunden hast, die die Relativitätstheorie Einsteins mit der Quantenmechanik Max Plancks in Einklang bringt.
(Wem das nix sagt, lässst sich das von Kerstin erkären, die frage ich dann auch immer.) Und Gott verstehst du nicht,
wenn du ihn erklären kannst. Dann hast du Gott
mit deinem Gottesbild verwechselt.
Dann bist du nur wie der Theologe in dem Witz:
Die drei berühmtesten Theologen kommen in den Himmel und müssen erstmal zum Aufnahmegespräch bei Gott. Kommt der erste Theologe raus, schlägt sich an die Stirn und sagt: „Meine Güte, jetzt hab ichs endlich begriffen!“
Beim zweiten das Gleiche.
Aber dann muss Karl Barth rein.
Eine Stunde, zwei Stunden …
Dann kommt Gott raus: „Jeeeetzt hab ichs kapiert!“
Das hebräische Verb für Erkennen, ידע meint ein Doppeltes: Etwas sozusagen von innen heraus, in der Tiefe verstehen.
Und jemanden lieb zu gewinnen.
Mit ihm vertraut zu werden.
Ihm zu trauen, sich ihm anzuvertrauen.
Das ist das Gegenteil von Objektivität.
Aber nicht einfach subjektiv und auf deinem Mist gewachsen. Da geschieht diese Umkehr,
die auch mit dir passiert, wenn du die Bibel liest.
Irgendwann hörst du auf, sie mit deinen Mitteln bloß auslegen und einordnen zu wollen, und die Bibel beginnt, dich auszulegen. Versteht ihr?
Was die Bibel jetzt über Wahrheit sagt,
hängt damit unmittelbar zusammen.
Das hebräische Wort אמת, ‚ämät“ steckt auch in dem Wort „Amen“: „Wahrlich!“ Es bedeutet fest, zuverlässig, tragfähig, vertrauenswürdig.
Alles Begriffe, die in einer Beziehung Sinn machen.
Wenn du einem sagst: Du bist ein „wahrer Freund“, dann ist er einer, auf den man sich verlassen kann. Der hält, was er verspricht. Dem man glauben kann. Wenn von Jesus gesagt wird, er ist „wahrer Mensch“ und zugleich „wahrer Gott“, dann kommt das dem nahe. Wahrheit wird auf diese Weise erfahren.
Und sie erweist sich auch erst, wenn du dich auf sie einlässt und diese Wahrheit lebst. Mit Jesus. Wahrheit führt dann nicht zu Rechthaberei und wird dein Besitz: Du bist selber ergriffen. Eben wie bei Paulus.
Diese Wahrheit kannst du nicht töten. Oder ersäufen.
Du kannst sie nur kreuzigen.
Aber sie wird immer wieder auferstehen.
Denn nichts unwiderstehlicher als eine Wahrheit, deren Zeit gekommen ist.
Die Lüge musst du ständig stützen.
Damit du sie aufrechterhalten kannst.
Das ist viel anstrengender.
Du kannst sie nicht ewig am Leben erhalten.
Die Wahrheit braucht Schutz. OK.
Aber sie trägt ihre Kraft in sich selber.
Du kannst ihr trauen. Sie wird dich halten. Nicht du sie.
Sie wird dich nicht knechten, damit du sie ständig fütterst. Sie wird dich nicht dumm halten,
damit sie weiter funktioniert. Sie wird dich frei machen.
Und du wirst in ihr nicht rechthaberisch und intolerant, nicht fanatisch und eifernd, sondern gütig und gnädig.
Wie Gott. Amen.
Hier die Aufnahme aus der Kirche in Edingen vom 14. September mit Pfr. Dr. Armin Kistenbrügge.