Kurzpredigt über Johannes 19,30: „Es ist vollbracht“
In der Osternacht am 20.4.2019 in Greifenstein
„Es ist vollbracht“, hat Jesus am Kreuz als letztes gesagt. Und ist gestorben. Und die Leute, die ihm als Schaulustige mit Handykamera dabei zusahen, haben nicht in den leisesten Schimmer davon gehabt, was das bedeutet. Die dachten wirklich, dass Jesus einfach froh war, es hinter sich zu haben. Dass Jesus damit aber etwas vollbracht hat, was vorher noch niemand erreicht hatte: Das konnte damals am Kreuz noch keiner sehen. Denn Jesus war nicht nur endlich mit seinem Leiden fertig. Und konnte sterben. Er war durch den Tod hindurch. Und hatte ihn hinter sich gelassen. Und zwar nicht nur für sich selber.
Dass Jesus auferstanden ist, dass er lebt, ist nicht nur gut für ihn. Das entscheidende ist, was das mit dir zu tun hat! Das musst du wissen! Da geht’s um Leben und Tod! Und zwar nicht bloß um das von Jesus. Sondern um deins. Früher gab‘s solche Buttons, da stand „Jesus lebt“ drauf. Aber wenn Jesus lebt, und du bist tot, dann ist das blöd! Dann hast du da gar nichts von! Der Kabarettist Jürgen Becker hat mal gesagt, Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Und Religion ist, wenn man trotzdem stirbt: „Glaub nur feste dran, am Ende bist du eben doch tot.“ Aber das würde bedeuten, dass du nur in diesem Leben auf Gott hoffen kannst. Und Gott wäre eben auch mit seinem Latein am Ende, wenn du mal stirbst.
Deshalb ist die kürzeste Form der Osterbotschaft deshalb nicht einfach: Hurra, Jesus lebt! Sondern: „Jesus lebt, mit ihm auch ich.“ Das ist die Pointe! So hat der Barockdichter Christian Fürchtegott Gellert das verdichtet. Ich finde, knackiger kann man das nicht sagen. Da ist das entscheidende, dass du dich an Jesus festhalten kannst, wenn du stirbst. Weil diese Verbindung selbst dann nicht abreißt, wenn du mal stirbst. Das ist das Geschenk in der Taufe, Amon! Gott knüpft mit dir eine Verbindung, die selbst der Tod nicht mehr kaputtkriegt! Du hängst an Jesus, und der nimmt dich mit durch den Tod. Der Reinländer sagt „Mer kläwwe am Läwwe“. Aber du musst nicht krampfhaft an deinem Leben festhalten und kannst es doch am Ende nicht, du kannst an Jesus kleben! Der trägt dich auf die andere Seite sozusagen. Weil du alleine da nicht hinkommst. Du bist ja tot. Aber du bist ein Anhängsel von Jesus. Und der ist schon drüben.
Das tollste Bild dafür stammt von Paul Gerhardt, finde ich: Der hat das mit der Geburt verglichen. Mein Durchgang durch den Tod ist wie eine Geburt. Genauso dramatisch: Ich bin ein Körperteil von Jesus, sein Arm, sein kleiner Zeh oder sein Hinterteil. Und Jesus ist der Kopf. Wenn ein Kind geboren wird, dann mit dem Kopf voran. Der Kopf ist das größte Teil, und wenn der durch ist, dann ist alles andere kein Problem mehr, das kommt einfach mit raus. Genauso sieht das Bild aus, wie wir durch den Tod durchkommen: Durch einen engen Kanal, und hinten ist das Licht, es tut weh, ist dramatisch, aber eigentlich ist alles schon passiert, weil Jesus schon durch ist. Der ist schon drüben, und nimmt dich mit. Das klingt dann bei Paul Gerhardt so: „Ich hang und bleib auch hangen, an Christus als ein Glied. Wo mein Haupt durch ist gangen, da nimmt er mich auch mit. Er reißet durch den Tod, durch Welt, durch Sünd, durch Not, er reißet durch die Höll, ich bin stets sein Gesell!“ (EG 112,6) Ich weiß nicht, ob euch das Bild zu krass ist. Aber ich finde das mitreißend. Ich habe zwei Geburten als Außenstehender miterlebt. So will ich auch mal wiedergeboren werden. Ins ewige Leben. Deshalb hänge ich mich an Jesus. Frohe Ostern. Amen.