Kurzpredigt: Wie die Kinder
Liebe Edinger (Greifensteiner) Geschwister!
Weihnachten kann furchtbar kompliziert sein. Weil das echt nicht leicht ist, eine Patchworkfamilie zur selben Zeit am selben Ort zu versammeln: Luzie macht gerade work and travel in Australien, Benni studiert in Berlin, Peter pendelt und ist nur am Wochenende da, Lisa hat Schichtdienst, und die Chantal muss später auch noch auf die Party. Und dann sind da auch noch Oma und Opa. Und wie man das hinkriegen soll, dass Onkel Wilfried die mühsam ausbalancierte Harmonie nicht mit zotigen Witzen sprengt, dafür gibt’s auch noch keinen Plan. „Manndeckung“, hat der Papa gesagt. Der kennt das vom Handball. Und jetzt spreche ich noch gar nicht von der Deko-, Essens-, Bescherungs- und Besuchslogistik. Das hat alles das Zeug zum Bachelor-Studiengang Logistik an der THM.
Und dann soll man auch noch Gott irgendwie unterbringen. Wie einen sperrigen Familienangehörigen. Den entfernten Verwandten, der sich Weihnachten immer selber einlädt.
Aber weißt du was? Bring Gott nicht in deiner Weihnachtsgeschichte unter. Wo jeder seine Rolle spielen muss, sonst kippt die mühsam austarierte Balance. Spiel stattdessen einfach in Gottes Weihnachtsgeschichte mit. Denn an Weihnachten ist jede Krippe ein Stall. Und ihr seid alle Krippenfiguren.
Wir verteilen jetzt aber keine Rollen und suchen einen, der den Esel spielt. Wir haben ja schon festgelegt, dass wir alle die Hirten sind, weil uns keiner das mit den Engeln abnimmt. Und keine Bange, du musst jetzt nicht noch spontan irgendwas aufführen oder aufsagen.
Das geht ganz einfach: Wenn es uns ein bisschen gelingt, das wie die Kinder zu erleben. Kinder spielen ja selber mit, wenn die Geschichte erzählt wird. Die sind nicht einfach nur Zuschauer. Sie spielen mit. Auch gerne als Cowboy oder Ritter. Da kann es passieren, dass sich am 2. Weihnachtstag auch ein eine Playmobilfigur in die Krippenszene eingeschlichen hat. Weil sie die Geschichte weitererzählen und sich mit einbauen. Sie spielen nämlich gar keine Rolle, sondern sich selber.
Wie hier beim Krippenspiel in der Grundschule. Für die schönen Rollen ist schnell einer gefunden. Aber wer spielt die Rolle des engherzigen Wirtes? Das wird schließlich der Job von Tim. Auswendig lernen muss er nicht viel. Er muss nur die obligatorische Schürze tragen. Und was ein Wirt sagt, das weiß er noch aus dem Urlaub. Er muss zu Maria und Joseph auch nur sagen: „Nein, wir haben kein Zimmer mehr frei!“ Dann der Abend des Krippenspiels. Joseph und Maria ziehen müde und erschöpft in den voll besetzten Gemeindesaal ein. Hoffnungsvolles Klopfen an der Tür der Herberge. Und die ängstliche Frage: „Haben Sie ein Zimmer frei?“ -„Ja, gerne“, erklingt die leise Stimme von Tim. Betretenes Schweigen im Saal. Nur weil Joseph so geistesgegenwärtig ist, von sich aus zum Stall mit der Krippe zu gehen, platzt die Aufführung nicht. Vor der zweiten Aufführung wird dem kleinen Tim noch einmal ausdrücklich eingeschärft, dass er ganz klar „Nein“ sagen muss. Eine zweite Panne – das geht wirklich nicht! Wieder erscheinen Joseph und Maria vor der Tür. Wieder ihre bange Frage: „Hier ist wohl kein Zimmer frei?“ Und in die gespannte Stille erklingt ein leises „Doch“ von Tim. Für die dritte Aufführung wird Tim seiner Rolle als böser Wirt enthoben. Er bekommt Stoffflügel und wird zu den Engeln versetzt. Und niemand, so schließt die Geschichte, zweifelte daran, dass er dort am richtigen Platz war.
Aber wisst ihr was: Eigentlich hat der Tim seine Rolle gefunden. Der hat nämlich instinktiv gemerkt, um was es an Weihnachten geht: Dass du Gott reinlässt, wenn er bei dir klopft. Dass auch dein Haus eine Krippe werden kann. Oder ein Stall, egal jetzt ob aufgeräumt oder nicht. Dass du es an Weihnachten einfach mal so machst wie Gott: Und ein Kind wirst. „Wer den Himmel nicht aufnimmt wie ein Kind, kommt sowieso nicht rein“, hat Jesus später mal gesagt. Damit ist gemeint: Lass dir was schenken. Von Gott. Wie ein Kind zu werden bei Gott, das heißt: Einfach aufmachen. Weihnachten kann so einfach sein. Nicht kindisch. Sondern einfach. Die wichtigsten Lektionen fürs Leben hast nämlich du schon im Kindergarten gelernt: Still sitzen, Spielzeug mit anderen teilen und am Ende aufräumen. Wenn wir diese drei Dinge als Erwachsene auch auf die Reihe kriegen würden, gäbe es vielleicht mal Frieden auf der Welt. Frohe Weihnachten. Amen.