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Predigt

18.08.19 – Armin Kistenbrügge – Eine Tür, wo alles verschlossen ist

Predigt: Eine Tür, wo alles verschlossen ist (Joh 10,9; 14,6)

Am 9./10.Sonntag n.Trin, 18.8./25.8.2019 beim „Schön, dass du da bist – Gottesdienst“ in Greifenstein und Edingen

Liebe Edinger (Greifensteiner) Geschwister!

„Herr Doktor, ich habe in jeder Nacht denselben Traum“ , erzählt der Patient beim Psychiater. „Ach, sehr interessant, erzählen Sie mal!“ – „Ich stehe vor dem großen, schweren Tor, an dem ein Schild hängt. Ich drücke mich mit aller Kraft dagegen, immer wieder, aber die Tür gibt keinen Millimeter nach. Sie bleibt verschlossen.“ „Wirklich sehr bedeutungsvoll“, meint der Analytiker. „Und was steht auf dem Schild?“ – „Bitte ziehen“.

Liebe Geschwister, so kann‘s einem auf dem Weg zu Gott gehen. Der Weg scheint irgendwie verriegelt und verrammelt zu sein. Eine Tür mit x Schlössern, denkt man. Verriegelt mit Vorurteilen und Vorbehalten:} Zum Beispiel diesem: „Das Christentum hat doch nichts erreicht! Obwohl es schon über zweitausend Jahre gepredigt wird, ist die Welt nicht anders geworden. Die Menschen sind so böse wie eh und je.“ Sagt ein stinkreicher Seifenfabrikant im Gespräch mit dem Pfarrer. Aber der zeigt in einem völlig verdreckten Jungen, der am Straßenrand im Matsch spielt und meint: „Seife hat wohl auch nichts erreicht. Es gibt immer noch zu viel Schmutz in der Welt.“ „Ja, nee, Seife“, entgegnet der Fabrikant, „nutzt ja auch nur, wenn sie angewendet wird.“ Der Pastor antwortet: „So ist es mit dem christlichen Glauben auch….“

Oder habt ihr diesen Vorbehalt schon mal im Dorf gehört, beim Gespräch mit dem Pfarrer über den Gartenzaun: „Ich gehe nicht in die Kirche, Herr Pfarrer. Da sitzen mir zu viele Heuchler.“ „Ach, für einen mehr hätten wir aber noch gut Platz“, erwidert der Gemeindehirte. Die größten Kritiker der Elche, sind allermeistens selber welche. Und im Gottesdienst triffst du auf Menschen, die sich nicht für was Besseres halten, sondern die was Besseres suchen. Als sich selber mit ihrer ziemlich begrenzten moralischen Überlegenheit.

} Aber die Tür zu Gott bleibt scheinbar auch dem Verstand verschlossen: „Sag mal, wie kannst du denn im 21. Jahrhundert noch an Wunder glauben? – Wenn du heute aber einen Quantenphysiker fragst, was die Welt im Innersten zusammenhält, gerät der ins Staunen.

} Und dem eigenen Herzen bleibt Gott manchmal auch verschlossen. Wenn einer im Heim aufgewachsen ist und noch nie wirklich Erfahrungen der Geborgenheit machen konnte. Oder als Kind missbraucht wurde. Dann ist Vertrauen zu Gott erstmal eine Fremdsprache. Um die verschlossene Tür zu Gott aufzukriegen, musst du nämlich zugleich wissen, wo deine eigene Tür zu deinem Herzen ist und wie die aufgeht. Nämlich nach innen. Aber nicht du musst die Tür aufkriegen: Es reicht, wenn du dich danach zaghaft sehnst und vorsichtig die Klinke drückst.

Ein weiser König stellte seinen fähigsten und besten Leuten eine Aufgabe. Er führte sie zu einem großen Tor mit einem gewaltigen Türschloss und forderte sie auf, das wuchtige Schloss zu öffnen. Es sei nicht einfach und erfordere alle Kunst und Kraft, fügte er hinzu. Die meisten ließen sich schon davon ins Bockshorn jagen. Einige gaben gleich resigniert auf und fühlten sich überfordert von der Aufgabe. Die Klugen und Weisen seines Reiches bildeten einen Arbeitskreis und untersuchten das Schloss. Und dann stellten sie gelehrte Betrachtungen an. Und dabei blieb es. Alle gaben erfolglos auf. Keiner kam hinter das Geheimnis der Tür. Niemand schien das komplizierte Schloss öffnen zu können. Nur einer gab nicht auf, er besah und befühlte das Schloss und dann versuchte er vorsichtig das Tor zu öffnen. Und siehe da, die Tür bewegte sich! Denn das Schloss war nicht verriegelt, und die Tür nur geschlossen, aber nicht verschlossen.

Wie gesagt: So ist das im Glauben auch. Du musst es ausprobieren. Und nicht von vornherein sagen: Für mich ist die Tür ins Schloss gefallen. Ich krieg die nicht auf. Erfahrungen mit Gott macht nur, wer anklopft. Und die Klinke drückt.

Denn Gott selber hat die Tür geöffnet. Sein Herz aufgemacht. Glaube ist kein Versteckspiel, wo Gott sich verbirgt, und du sollst suchen. Gott will sich finden lassen. Das ist die Pointe der Jesusgeschichte: „Ich bin die Tür“ (Joh. 10,9) , hat Jesus mal gesagt. Such nicht deinen Schlüssel. Brauchste nicht. Die Tür ist auf. Gib Jesus die Hand. Und du kommst rein.

Und dann öffnet sich eine Tür, so wie in C. S. Lewis‘ Narnia-Büchern, wo Kinder in einem alten Haus, im Grunde so einem wie diesem hier, einen Schrank finden, die Klinke drücken, und es öffnet sich eine Tür in eine neue Welt. Dahinter. Das ist keine Kulissentür, wo alles dahinter nur Fake ist. Dahinter ist keine Zauberwelt, sondern deine Welt. Die Wirklichkeit. Aber mit anderen Augen gesehen. Das bedeutet es, im Glauben durch diese Tür zu gehen. Und dann die Welt so zu sehen, wie sie in Wahrheit ist. In Gottes Augen: Du siehst die Welt, wie Gott sie sieht: Kaputt, aber geliebt. Unvollkommen, aber gerettet. Umkämpft, aber nicht verloren.

Die Bibel sagt, diese Tür wäre ziemlich schmal, und man müsste schon durchwollen, aus Versehen stolpert man da nicht rein. „Geht durch die schmale Tür“ (Mt 7,13), sagt Jesus in der Bergpredigt: „Wo man sich bücken muss.“ So wie er. Die breiten Türen mit dem roten Teppich davor, die sie dir aufhalten, die Türen zum Weg des geringsten Widerstandes, den alle gehen, die führen dich in die Irre. Da endest du im Niemandsland.

Aber die schließen sich irgendwann alle. Die Türen, durch die man am liebsten geht, die mit dem Schild: Kommense rein, könnse rausgucken, hier gibt’s das wahre Leben, hier kriegen sie was sie suchen, sie wollen das pralle Leben, hier wird’s ihnen geboten!

Es heißt immer, wenn sich im Leben eine Tür schließt, geht irgendwo eine andere auf für dich. Aber die Erfahrung ist auch, dass sich im Laufe des Lebens immer mehr Türen schließen. Und deine Möglichkeiten werden weniger. Irgendwann schließt sich die letzte Tür hinter dir. Und keine andere geht mehr für dich auf. Du stehst nicht einfach vor verschlossener Tür. Da ist überhaupt keine. Und dann geht das Licht im Flur aus.

Aber dann such die Hand von Jesus. Und der sagt zu dir: Such hier keine Tür. Hier ist keine. „Ich bin die Tür.“ Das meint er so, wie er gesagt hat: „Ich bin der Weg. Und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

Im Dschungel folgen zwei dem einzig erfahrenen Führer, der sich mit der Machete den Weg freischlägt. Einer fragt ihn zaghaft: „Sagen sie mal, das sieht hier so unwegsam aus, ist hier überhaupt ein Weg, oder haben wir uns verlaufen?“ Und der Scout sagt lapidar: „Leute, hier ist nie ein Weg gewesen. Ich bin hier der Weg.“ So meint Jesus das, wenn er sagt: „Ich bin die Tür.“ An seiner Hand geht’s weiter. Und dann öffnet sich für dich was Neues. Und nur dann.

Amen.

(Kanzelsegen)